Ein Jahr in Boabeng in Ghana: Es war nicht immer einfach, aber die vertrauten Menschen sind mir ans Herz gewachsen. Besonders gefreut habe ich mich immer, wenn Besuch aus Deutschland kam. Dann konnte ich mein neues Zuhause zeigen. Aber auch sonst habe ich mich nicht gelangweilt: Ich bin viel im Land umher gereist und habe das Leben von innen heraus kennengelernt. Ich heiße Marla und war als Volontärin an der Heritage Academy in Boabeng. Hier mein Bericht über die letzten Monate in Ghana und meinen Abschied.
Für immer werde ich dankbar sein, Boadi als meinen Mentor hier in Ghana gehabt zu haben. Ohne ihn, den Projektleiter der Heritage Schule, wäre mein Aufenthalt in Ghana ganz anders gewesen. Er war mein Rückhalt seit dem ersten Tag in Boabeng.
Ich musste ihm von Anfang an vertrauen, und das hat sich mehr als bewährt. Er hat alles gegeben, damit es mir gut geht. Und er hat mir immer das Gefühl gegeben, ihm alles erzählen zu können. Boadi ist mein Bruder geworden.
In meinem Auslandsjahr habe ich viel erlebt und konnte durch die Gespräche mit Boadi sehr viel verstehen und verarbeiten. Er hat mir Sicherheit und Schutz geboten, war immer für mich da und hat sich um mein Wohlsein gesorgt. Ein Mensch, der so selbstlos, großherzig und motiviert in Bezug auf Veränderung ist und so viel bewirkt in seiner Gemeinde.
Die Sonnenseite sehen die Menschen gern, doch was Boadi darüber hinaus auf sich nimmt und teils wegstecken muss, bleibt hinter den Kulissen. Ich bewundere ihn und bin so dankbar, diese Vertrauensperson bei mir gehabt zu haben.
Meinen Geburtstag haben wir im Februar gefeiert. Boadi hat einen dicken Kuchen organisiert und ein Zusammenkommen von vielen lieben Menschen. Er hat mir einen unvergesslichen Geburtstag beschert, an dem ich mich geliebt und wertgeschätzt gefühlt habe. Das werde ich niemals vergessen.
Besuch von meiner Jugendfreundin Nuria
Nach meinem Geburtstag verging die Zeit wieder stetig. Kleinere Reisen und Besuche standen an:
- Jini aus Pram Pram kam mal nach Boabeng, und ich fuhr runter zu ihr ans Meer.
- Ich verbrachte Ostern in Kwahu, was ein schönes Wiedersehen mit geliebten Menschen in einer absoluten Party-Stimmung war. Das habe ich sehr genossen.
- Nach Ostern fuhr ich nach Accra, und ich konnte es kaum erwarten, meine Jugendfreundin Nuria (mein Hasi) am Flughafen in die Arme zu schließen. Drei Wochen standen uns gemeinsam zuvor, die viel zu schnell vergingen.
Es tat so unfassbar gut, Nuria nach so vielen Monaten wiederzusehen und mit ihr diese Welt zu teilen, in die ich eingetaucht war. Wir verbrachten Zeit in Accra, fuhren nach Cape Coast und spontan nach Busua, dem vermutlich schönsten Ort in Ghana.
Ewige Trotro- und Busfahrten hatten wir hinter uns, als wir im Mole Nationalpark ankamen. Nach so vielen Eindrücken war das wie ein Frieden für die Sinnesorgane. Ein richtiges Urlaubsgefühl kam auf den Reisen mit ihr auf. Wir genossen Ghana als priviligierte Touris.
Ich hatte mir auch gewünscht, mit Nuria Zeit in Boabeng zu verbringen. Und so waren wir noch eine knappe Woche zusammen im Dorf: Wir gingen in die Heritage Schule, tranken abends mal ein Bierchen mit Boadi und Freunden und genossen unsere gegenseitige Gesellschaft.
Es tat so gut, meine Freundin hier zu haben und ihr das Leben und all das, was ich erlebt habe, näher zu bringen. Sie kennt jetzt die Menschen und kann sich unmittelbar etwas darunter vorstellen, wenn ich ihr von meinen Erlebnissen erzähle. Das macht’s wirklich einfach, Dinge zu teilen.
„Madam Hasi“ in Boabeng war absolut toll – sie wurde von meinen Liebsten geliebt. Alle meinten nur, dass sie zu kurz da gewesen sei. Denn viel zu schnell näherte sich der Abschied, und die Tränen kullerten, als sie wieder weg war.
Diese Momente in Accra am Flughafen, wieder allein dazustehen, nachdem ich lieben Besuch hatte, waren immer etwas schmerzlich. Jedoch ging es danach wieder weiter und voran.
Es kam wieder eine längere Boabeng-Episode mit kleineren Krisen und Höhepunkten. Schulalltag, Veränderungen und Entwicklung. Ich war auf einem Yam-Festival, auf dem Menschen mit Spirits besessen waren. Krasse Eindrücke.
Wie gehe ich damit um, dass ich wegen meiner Hautfarbe anders aussehe?
Meine helle Hautfarbe sticht offensichtlich aus der Masse und lässt mich hier immer anders sein. Mit meiner Hautfarbe assoziieren die Menschen Reichtum und eine mitschwingende Anerkennung für vermeintliche Schönheit.
Das war keine Überraschung für mich, aber es kann manchmal auch etwas anstrengend sein. So langsam musste ich herausfinden, wem ich vertrauen kann und wer den eigenen Profit in mir sieht.
Es ist definitiv und unvermeidbar ein Thema, mit dem ein weißhäutiger Mensch in Ghana unmittelbar in Berührung kommt und einen Umgang finden muss. Weiße kennen das eben nicht aus Deutschland.
Abschiedsparty der Heritage Schule
Die Zeit verging rasend schnell. Zwei Monate nur noch… Hilfe, nur noch vier Wochen… und Boom! Nur noch eine Woche Schule, und dann war schon der Freitag für meine Abschiedsparty in der Heritage Schule gekommen. Wow!
Morgens wachte ich auf und ließ die ersten Tränen des Tages laufen. Ich konnte schwer realisieren, dass jetzt ein Jahr vorbei war. Alle Eltern und Geschwister der Schulkinder wurden eingeladen. Alle mir nahen Menschen waren da, um mich offiziell zu verabschieden.
Wie immer gab es Programm: Tänze, Gedichte, die aufgesagt wurden, Herausforderungen und Wettbewerbe. Wir feierten die Geburtstage der Schulkinder in diesem Monat und aßen leckeres Essen.
In der Nacht zuvor hatte ich noch die Steckbriefe von den Kids vorbereitet. Ich hatte von jedem Kind ein Foto gemacht und mit Hilfe der LehrerInnen die Kids befragt. Die Bilder ließ ich mit Kofis Unterstützung in Nkoranza ausdrucken und arbeitete bis in die Nacht, um alles fertig zu stellen. Die Steckbriefe haben wir auf der Party präsentiert – Ghana Style.
Als Modesta anfing, eine Rede zu halten, konnten wir uns alle nicht mehr halten, und die Tränen kullerten nur so. Ich erfuhr die größte Dankbarkeit und Wertschätzung und bekam das zu hören, was ich ein Jahr lang gespürt hatte, und das war Liebe. So viele Emotionen kamen hoch.
Boadi meinte später, die Stimmung bei meiner Abschiedsfeier sei so geladen und emotional gewesen, dass er nicht auch noch eine Rede halten konnte. Und wenn das ein Ghanaer sagt, der sonst mit großen Emotionen nicht viel anfangen kann, soll das schon was heißen.
Zum Abschluss sollte ich spontan auch noch ein paar Worte finden. Das war eine große Herausforderung für mich. Ich zwang mich, nicht wieder mit dem Heulen anzufangen und fand ein paar Sätze, die auch meine Dankbarkeit ausdrücken sollten. Ich hoffe, das hat ein bisschen geklappt.
Ich bekam Geschenke überreicht und machte noch 10.000 Fotos. Der Tag neigte sich dem Ende zu, und am nächsten Abend sollte ich Boabeng verlassen und mich zusammen mit Boadi auf den Weg nach Accra machen.
Am Samstagmorgen hatte ich noch ein letztes Fufu-Frühstück (Brei aus Maniok oder Yams und Kochbananen) mit Kofi in der Savior Gemeinde und blieb noch etwas beim Gottesdienst.
Sie spielten ein Lied für mich, und ich sollte noch einmal aus mir raus kommen und eine Runde mittanzen… gesagt, getan.
Beim Abschied lagen Lachen und Weinen eng beieinander
Der Zeitplan bis zu meiner Abreise war eng: Mr. Martin hatte ein Huhn für uns geschlachtet, was Justina und Modesta in die nächste Runde Fufu verkochten und stampften. Köstlich!
Gesättigt und gestärkt hieß es, Abschied von den beiden Lehrerinnen und den kleinen Töchtern Jessi und Lucy zu nehmen. Um es kurz zu fassen: An dem Tag hab ich pausenlos geheult und gelacht.
Andauernd Leute drücken und bye-bye sagen. „Grüß deine Familie von mir“, „sichere Reise“ und „Wann kommst du wieder zurück?“ waren die letzten Zurufe, als ich durchs Dorf ging.
Mit Sack und Pack bei Ellen angekommen, hieß es, sich noch einmal fest zu drücken, bis ich ins Taxi stieg und Boabeng verließ.
Dankbar für meine Erfahrungen in Ghana
Jeder Mensch macht im Ausland seine ganz eigenen Erfahrungen. Niemand wird die Dinge so erleben, wie du sie erlebt hast, und du wirst die Dinge nie so erleben, wie andere sie erlebt haben.
Meine Erlebnisse in Boabeng und all die neuen Menschen in meinem Leben machen mich unendlich glücklich. Danke!
Text und Fotos von Marla
Unsere Volontärin Marla war 2021/2022 in der Heritage Schule:
– Erfahrungsbericht über Boabeng/Ghana (1)
– Erfahrungsbericht über Boabeng/Ghana (2)