Die Heritage Academy in Boabeng / Ghana ist in ihrer Art einzigartig, denn in der Region gibt es weder keine Schulen mit einem ähnlich fortschrittlichen Konzept. Hier erklären wir Ihnen, wie das Schulsystem in Ghana aufgebaut ist und wie die von einer ghanaischen Stiftung und einem deutschen Förderverein getragene Heritage Academy es schafft, auch Kinder von armen Eltern aufzunehmen.
In Ghana beginnt die Vorschulerziehung im Alter von zwei Jahren. Die meisten staatlichen Schulen – vor allem in den ländlichen Gebieten – haben aber keine Vorschulen. Deshalb gehen nur wenige Kinder von Farmarbeitern ab dem Alter von 4 Jahren in den Kindergarten.
>>> Die Heritage Academy gehört zum Ort Boabeng mit rund 1100 Einwohnern. In der Region Boabeng-Fiema gibt es vier Schulen, davon ist eine Schule privat finanziert. In diese Privatschule können nur Kinder gehen, deren Eltern genug verdienen. Um auch den Kindern, deren Eltern als Farmarbeiter über wenig Geld verfügen, eine qualifizierte Schulbildung zu bieten, haben die Dorfbewohner die Heritage Academy gegründet. Die meisten Erwachsenen arbeiten in der Landwirtschaft und waren selbst weder in der Vorschule noch im Kindergarten, weil sie im Haushalt oder auf der Farm mithelfen mussten. Das Angebot der Heritage Academy: Eltern, die das Schulgeld nicht bezahlen können, steht es frei, mittwochs für maximal 5 Stunden auf der Schulfarm mitzuarbeiten. So können ihre Kinder ab dem 2. Lebensjahr am Heritage Projekt teilnehmen. (>>> aktiv werden, Patenschaft)
Schulpflicht ab dem 6. Lebensjahr wird nicht überprüft
In Ghana gibt es eine Schulpflicht für Kinder ab dem 6. Lebensjahr, dann kommen sie in die 1. Klasse der Primary School.
„Schul-Pflicht“ bedeutet aber nicht wie in Deutschland, dass die Eltern gesetzlich verpflichtet sind, ihre Kinder zur Schule zu schicken. Während Schulverweigerer* in Deutschland Besuch von der Polizei bekommen, damit sie wieder in die Schule gehen, passiert das in vielen afrikanischen Ländern nicht. In Ghana wird die Schul-Pflicht von staatlicher Seite nicht überprüft.
Wenn also Eltern im ländlichen Ghana wie rund um Boabeng / Fiema keine Notwendigkeit für einen Schulbesuch sehen, bleiben deren Kinder zu Hause: Oft werden die Mädchen zur Mitarbeit im Haushalt und zur Betreuung ihrer jüngeren Geschwister herangezogen. Jungen arbeiten auf der Familienfarm mit.
Da viele Eltern in ländlichen Gebieten mit dem Verdienen des Lebensunterhalts vollauf beschäftigt sind, fehlt ihnen oft die Zeit und die Energie, ihre Kinder mit allen individuellen Fähigkeiten zu fördern.
>>> Die Heritage Academy arbeitet eng mit den Eltern der Schulkinder zusammen, um ihnen verständlich zu machen, wie wichtig der Schulbesuch ist. Bei Festen und Elternnachmittagen lernen sich die Mütter und Väter besser kennen. Wenn ein Kind zu häufig fehlt, besucht der Projektmanager Joachim Boadi die Familie auch zu Hause. (Zusammenarbeit mit den Eltern)
Frontalunterricht für 60 Kinder in einer Klasse
Die kommunalen Schulen in Ghana sind oft unzureichend mit Tischen, Stühlen und Materialien ausgestattet. Die Klassen sind oft sehr groß, teilweise müssen 60 Kinder in einem Raum sitzen.
Bei so vielen Kindern in einer Klasse können die Lehrer*innen keine Partner- und Gruppenarbeit anbieten, deshalb lernen die Kinder meist im Frontalunterricht. Hausaufgaben bekommen sie nicht auf, weil sie die Hefte am nächsten Schultag oft nicht wieder mitbringen.
Ob im Halbtag oder im Ganztag: In Ghana findet der Unterricht nicht zuverlässig statt. Bei Freistunden oder komplettem Unterrichtsausfall sind die Kinder oftmals sich selbst überlassen.
>>> Die Heritage Academy baut 2023 ein zweites Schulgebäude. Aber auch jetzt schon haben die Klassen nicht mehr als 24 Kinder. Die Räume sind mit Tischen und Bänken ausgestattet, die die Eltern in Eigenarbeit gebaut haben. Hefte, Bücher, Stifte, Tafeln und Lernspiele sind ausreichend für alle Altersgruppen vorhanden (>>> aktiv werden, Spenden). Die jüngsten Kinder werden von 2 Lehrerinnen betreut. Für die Gruppen mit älteren Kindern sind jeweils eine Lehrerin bzw. ein Lehrer zuständig.
Bestrafen durch Schlagen: Kinderschutzrechte werden in Ghana oft nicht eingehalten
Eltern und Lehrer*innen in Ghana wissen sich bei Disziplinproblemen der Kinder oft nicht anders zu helfen, als sie zur Bestrafung zu schlagen. In Deutschland ist jegliche Gewalt gegen Kinder gesetzlich verboten, die Rechte der Kinder sind in den UNO-Kinderschutzrichtlinien festgelegt.
>>> Die Heritage Academy hat alle Mitarbeitenden der Schule schriftlich verpflichtet, die Kinderschutzregeln zu beachten und einzuhalten. Bei größeren Disziplinproblemen schaltet sich Isaac Sarkodi ein, der als Lehrer in Ghana ausgebildet ist und als Schulleiter andere Disziplinarmaßnahmen als in den Community Schulen einsetzt.
Schulabschluss in Ghana oft nicht erreicht
Das Bildungsniveau der Eltern im ländlichen Ghana ist meist niedrig, neben der afrikanischen Muttersprache (Twi in Boebeng) können die Mütter und Väter meist nur wenige Brocken Englisch. Eine Unterhaltung auf Englisch ist deshalb oft nicht möglich.
Da viele Eltern in der Region Boabeng / Ghana ihre Kinder beim Lernen nicht unterstützen können, haben viele Schulkinder auch in höherem Alter nur schlechte Grundkenntnisse im Schreiben und Rechnen.
Viele Jugendliche brechen die Schule in der Junior High School (1. bis 9. Klasse) oder in der Senior High School (10. bis 13 Klasse) ab und finden ohne Schulabschluss nur schlecht bezahlte Jobs.
Viele Mädchen werden (teilweise minderjährig) schwanger und somit wirtschaftlich abhängig von einem Mann oder dessen Herkunftsfamilie. Ohne Schulabschluss ist keine berufliche Qualifikation möglich, was in Armut endet.
Insbesondere junge Männer und Väter in Ghana sehen keine Chance des Broterwerbs in ihrer Heimat und reisen ins Ausland, um dort teilweise lebensgefährdende Jobs anzunehmen. Dieses Lebenskonzept geben die jungen Ghanaer*innen wiederum an die eigenen Kinder weiter.
>>> In der Heritage Academy üben die Lehrer*innen mit den Kindern spielerisch das Sprechen und Schreiben von englischen Worten und Sätzen. Die D.K. Akowuah Memorial Foundation (Kontakt) machte es 2022 möglich, erstmals eine 1. Klasse anzubieten, die der Schulleiter Isaac Sarkodie seitdem unterrichtet. Nach der Fertigstellung des zweiten Gebäudes im November 2023 kommt eine weitere Klasse hinzu. Geplant ist der stufenweise Aufbau bis zur 9. Klasse.
Ghana: Das Schulgeld für eine Privatschule können Farmarbeiter nicht bezahlen
Eltern, die über die finanziellen Ressourcen verfügen, wählen eine private Schule für ihre Kinder. Das Schulgeld ist den meisten Familien in Boabeng und Umgebung jedoch zu hoch, sodass sie ihre Kinder zu einer schlecht ausgestatteten Community-Schule schicken müssen.
Arme Eltern können auf der Schulfarm mitarbeiten, um so für das Schulgeld aufzukommen – ein vergleichbares Konzept haben andere nicht-staatliche Schulen in der Umgebung nicht.
>>> In der Heritage Academy beträgt das jährliche Schulgeld 300 Cedi (GHS), das sind umgerechnet 38 Euro. In der Region Boabeng / Fiema ist es einmalig, dass eine private Schule mit einer Partnerorganisation im Ausland eng zusammenarbeitet – wie die D.K. Akowuah Memorial Foundation (Kontakt) und der Förderverein „Bildung schafft Gerechtigkeit e.V.“.
Die Heritage Academy in Boabeng / Fiema soll eine Modellschule werden, um auch Eltern staatlicher Schulen im Umkreis zu mobilisieren, die Bildungssituation ihrer Kinder zu verbessern.