Das Konzept für die 2019 gegründete, privat finanzierte Modellschule ist in der Region in Boabeng / Ghana einzigartig: Eltern, die das Schulgeld für ihre Kinder nicht aufbringen können, arbeiten einmal pro Woche auf einer Schulfarm in der Nähe – durch den Verkauf von Mais, Yam, Maniok, Bohnen und Cashew-Nüssen tragen sie zum Schulgeld bei. Im Interview erklärt Christina Plettner, die Vorsitzende des Berliner Fördervereins „Bildung schafft Gerechtigkeit e.V.“, was für das Jahr 2026 geplant ist.
Warum ist es sinnvoll, in Ghana eine privat geförderte Schule aufzubauen?
Christina Plettner: In Ghana existiert eine Schulpflicht ab dem 6. Lebensjahr, aber der Schulbesuch wird nicht überprüft. Wenn den Eltern nicht wichtig ist, dass ihre Kinder zur Schule gehen, tauchen sie dort nur unregelmäßig oder gar nicht auf. Denn die Mädchen müssen im Haushalt mitarbeiten und ihre jüngeren Geschwister betreuen. Die Jungen helfen auf der elterlichen Farm.

In Boabeng gibt es nur eine kommunale Schule, der Unterricht findet aber nicht zuverlässig statt. Die Kinder sind sich oft selbst überlassen. Manchmal sind es 60 Kinder pro Klasse, aber dort fehlen Tische, Stühle und Lernmaterialien. Computer- und naturwissenschaftliche Kenntnisse werden nur theoretisch vermittelt. Frontalunterricht und körperliche Übergriffe zur Bestrafung der Kinder sind weit verbreitet.
Wir haben die Heritage Academy 2019 zusammen mit der ghanaischen Foundation DKAMF gegründet, um den Eltern eine qualitativ hochwertige Bildung für ihre Kinder anzubieten: Denn uns ist es wichtig, mit ihnen zusammenzuarbeiten und die Kinder in kleineren Klassen mit einer guten Ausstattung zu unterrichten. Jeden Morgen wird die Anwesenheit überprüft, die Lehrkräfte beachten die Kinderschutzrichtlinien, es gibt einen mit Geräten ausgestatteten Computerraum – und die Eltern sind stolz, dass ihre Kinder Texte auf Englisch aufsagen können.
Zur Heritage Academy in Boabeng / Ghana gehen mittlerweile 162 Kinder. Sie werden in 8 Klassen von 12 LehrerInnen unterrichtet. In den beiden Kindergartengruppen werden je 35 Kinder betreut. Hinzu kommen zwei Vorschulklassen mit je 20 Kindern, in den Grundschulklassen 1 bis 4 lernen jeweils 13 Kinder.
Zurzeit gibt es 18 Arbeitsplätze für LehrerInnen, KöchInnen, Reinigungskraft und Verwaltungskraft. Die bisherigen Baumaßnahmen unter der Regie der ghanaischen Foundation DKAMF sicherten den Handwerkern und Zulieferern ein solides Einkommen.
Zu den Gebäuden mit Spielplatz gehören sieben Schulfarmen, die fußläufig zu erreichen sind. Derzeit arbeiten 42 Personen, Väter und alleinerziehende Mütter, einmal pro Woche dort. Einen Teil der Ernte verarbeiten die Köchinnen fürs Mittagessen in der Schule. Das Gemüse wird auch auf dem Markt verkauft, sodass die Farmproduktion 30.000 Cedis (2000 Euro) pro Jahr erwirtschaften kann. Dieses Geld wird in den Bau neuer Gebäude und die Ausstattung der Schule investiert.
Zur Heritage Academy gehören mittlerweile 7 Schulfarmen, auf denen 42 Elternteile einmal pro Woche arbeiten. Warum soll noch eine 8. Farm hinzukommen?
Christina Plettner: Insgesamt bewirtschaften die Mütter und Väter 20 Acre (8 Hektar), so können 30 Prozent des Bedarfs an Lebensmitteln für das Schulessen abgedeckt werden. Bislang geht die Heritage Academy nur bis zur 4. Klasse, geplant sind 9 Klassenstufen.
Je mehr kleine Kinder die Schule aber aufnimmt, desto mehr Obst und Gemüse brauchen die Köchinnen fürs tägliche Mittagessen. Und deshalb ist es sinnvoll, noch ein weiteres Stück Land zu kaufen, auch um weitgehend unabhängig von den schwankenden Lebensmittelpreisen zu sein. Den Antrag auf Fördermittel haben wir bei der Stiftung Nord-Süd-Brücken bereits gestellt.

In der Umgebung von Boabeng-Fiema gibt es genügend Land, das sich für den Anbau von Nutzpflanzen eignet. Die Bauern siedeln sich aber dort nicht an, weil es oft keine befestigten Wege gibt und auch keine Schulen für die Kinder.
Die ghanaische Foundation DKAMF hat jetzt eine 20 Acre große zusammenhängende Fläche gefunden, die sie für 99 Jahre pachten will. Dieses Farmland wird der Heritage Academy so viel Einkommen sichern, um künftig nicht nur 30 Prozent, sondern sogar 60 Prozent des Bedarfs an Lebensmitteln für die Schule decken zu können.
Das Farmland liegt rund 40km vom Schulcampus entfernt, zum Transport der Helferinnen und Helfer stehen 2 Trikes zur Verfügung.
Wie können die Mütter und Väter der Schulkinder das bisher ungenutzte Land bearbeiten, um künftig genügend ernten zu können?

Christina Plettner: Gras und Sträucher müssen ausgerissen werden, danach wird die Erde umgegraben und planiert. Die notwendigen Werkzeuge – vor allem Macheten – sind bereits vorhanden. Die ghanaische Foundation DKAMF wird einen Traktor mieten, das Geld dafür stammt aus dem Erlös der laufenden Farmproduktion.
Die wenigen Bäume auf dem sehr fruchtbaren Lehmboden dienen als Schattenspender, weitere Bäume sollen an den Rändern der Farmfläche angepflanzt werden.
Rund um das Farmland regnet es genügend – zur zusätzlichen Bewässerung würde sich auch das Wasser eines Flusses eignen, der etwa einen Kilometer weit entfernt ist.
Im September 2025 haben 10 weitere Familien zugesagt, auf den Schulfarmen mitzuarbeiten. Auf der Hälfte des neuen Farmlands geht es mit der Aussaat des Mais im April 2026 los. Da man Mais zweimal im Jahr ernten kann, können die Farmarbeiter die Maiskolben zuerst im August und dann noch mal im November von der Pflanze abschneiden.
2027 werden die Mütter und Väter der Schulkinder den Anbau von Bohnen (5 Acre) und Maniok (5 Acre) hinzunehmen.
Das Bildungsniveau der Mütter und Väter ist gering. Sie sprechen Twi, aber kaum Englisch. Da sie ihre Kinder nicht beim Lernen unterstützen können, fehlen ihnen Grundkenntnisse im Rechnen, Schreiben und Lesen. Viele brechen die Schule frühzeitig ab.
Ohne Schulabschluss endet das Leben meist in Armut. Insbesondere junge Männer und Väter sehen keine Chancen für sich und ihre Familien und migrieren ins Ausland, um dort z.T. lebensgefährdende Jobs anzunehmen. Dieses Lebenskonzept geben sie an ihre Kinder weiter.
In der Heritage Academy arbeiten die Lehrkräfte, der Schulleiter Mr. Thomas und der Manager Mr. Boadi eng mit den Eltern zusammen:
• Einmal im Monat finden Elternnachmittage statt.
• Bei Bedarf besuchen der Projektleiter oder LehrerInnen die Familien zu Hause.
• Im Dezember feiern alle Kinder und Eltern zusammen mit dem Schulpersonal das „Kiddifest“.
Die Gründungsmitglieder der ghanaischen Foundation DKAMF sind im ähnlichen Alter wie die Eltern der Schulkinder, selbst Eltern und teilweise zusammen aufgewachsen. So fühlen sich die Eltern verstanden und freuen sich, dass ihre Kinder am Unterricht der Heritage Academy teilnehmen können.
Die Eltern der meisten Schulkinder betreiben selbst kleine Familienfarmen, das Wissen wird von Generation zu Generation weiter gegeben. Im Februar 2026 nehmen die 52 Mütter und Väter, die auf den Schulfarmen arbeiten, an einem zweitägigen Workshop der ghanaische Foundation DKAMF teil. Um welche Themen geht es dabei?
Christina Plettner: Die Farmer kennen sich mit dem Anbau, der Ernte und dem Verkauf ihrer Erzeugnisse aus – in dem Workshop werden sie neue Techniken zum Bearbeiten des Bodens, zur nachhaltigen Bodennutzung und zur Reinvestition der Erträge kennenlernen.
Zwei Mitarbeiter des landwirtschaftlichen Ministeriums der nahegelegenen Stadt Nkoranza werden den Workshop leiten. Da es in und um die Gemeinde Boabeng 10 verschiedene landwirtschaftliche Organisationen gibt, können – zusätzlich zu den Eltern – je zwei Vertreter an der Weiterbildung teilnehmen.
Eine Kirchengemeinde in Boabeng wird einen ausreichend großen Raum zur Verfügung stellen, sodass der Workshop von 9 bis 14 Uhr inklusive Mittagessen dort stattfinden kann. Da die Fortbildung im Februar 2026 sein wird, können die Farmer das neue erworbene Wissen gleich bei der Aussaat und beim Stecken der Setzlinge in der folgenden Saison umsetzen.
Das Schulprojekt bindet also über die Farmarbeit auch Frauen und Männer ein, die bislang vielleicht nur von der Heritage Academy gehört haben, aber nun direkt in Kontakt mit den Mitarbeitenden kommen. Das wird sich in der Gemeinde positiv herumsprechen – und wir können sicher sein, zur schulischen Bildung der künftigen Generation auch künftig beitragen zu können.
Ort: Boabeng-Fiema / Nkoranza North / District Bono East Region; 350 km nördlich von der Hauptstadt Accra. GPS-Koordinaten: 7 ֯ 54´09.1´N und 1 ֯ 42´51.1´W
